Josef Joschi Holaubek

Zentralfriedhof, Gruppe 15 G, Nummer 1

Josef „Joschi“ Holaubek (* 5. Jänner 1907; † 10. Februar 1999) war von Mai 1945 bis 1947 Feuerwehrkommandant von Wien und anschließend bis 1972 als Polizeipräsident Leiter der Bundespolizeidirektion Wien.

Der Mann, der mithalf, Josef Holaubek zur Wiener Legende zu machen

Im November 1971 kapitulierte ein Geiselnehmer Walter Schubirsch vor Josef Holaubek - die Geschichte eines Lebenswandels.

"I bin’s, der Präsident. I moch doch kane Schmäh. Schau nach, schau durch des Guckerl." Der dies vor 50 Jahren sagte, war Wiens Polizeipräsident Josef "Joschi" Holaubek (1907-1999). Der Satz machte den ohnehin populären Oberpolizisten unsterblich. Ausbrecher Walter Schubirsch (Mitte) als er gegenüber Präsident "Joschi" Holaubek (links mit Hut) kapituliert hatte. Der Adressat war ein gewisser Walter Schubirsch. Er hatte sich im November 1971 nach einem Gefängnisausbruch aus der Anstalt Stein in einer Wiener Wohnung verschanzt. Der Fall hielt damals das ganze Land in Atem.

Ausbrecher Schubirsch tat damals am 6. November 1971, wie ihm von oberster Polizeispitze geheißen: Er blickte durchs "Guckerl" der Eingangstür, sah den völlig unbewaffneten Polizeipräsidenten alleine vor sich. Der hatte ganz einfach angeläutet. Da kapitulierte der Ausbrecher vollkommen verblüfft und bedingungslos. Er öffnete die Tür und ging richtig brav mit dem Polizeichef mit.

Schubirsch tat gut daran und traf die richtige Entscheidung für sein Leben. Er blieb nicht nur körperlich heil, sondern das Ereignis markiert den Beginn einer echten Läuterung. Zunächst ging es wie auch bei den beiden anderen wieder erwischten Komplizen ab ins Gefängnis. Während die anderen ihre kriminelle Karriere auch später fortsetzten, wurde Schubirsch zum Musterhäftling. "Sein Präsident", der immer schon als herzensguter Mensch galt, hielt "im Häf’n" ein Auge auf ihn. Er besucht ihn sogar. Einer der damaligen Bewacher beschreibt Schubirsch heute als "immer ruhig und zuvorkommend." Der bekannte Rechtsanwalt Nikolaus Lehner begegnete Schubirsch einmal zufällig im Wiener Justizcafé und erzählt der "Wiener Zeitung": "Er wirkte als vollkommen harmonischer Mensch. Ich konnte damals gar nicht verstehen, dass man um seine Person einmal so viel Aufhebens gemacht hatte."

In der Häftlingsband "Hell Dogs" mit Hansi Lang spielte Schubirsch Schlagzeug, als man gemeinsam durch die Haftanstalten tourte. Und er erlernte den Beruf eines Buchbinders. Jedenfalls ging Schubirsch 1982 vorzeitig frei. Nie wieder sollte er negativ mit der Justiz in Berührung kommen. Holaubek hatte sich gleich um einen Job gekümmert. Der frühere Kardinal König (1905-2004) dürfte auch dabei Finger im Spiel gehabt haben. Schubirsch soll eine Zeit lang in einem Kloster gearbeitet haben.

Holaubek und Schubirsch trafen sich regelmäßig im "Café Prückl". Einmal war der Journalist und Meister der Anekdote, Georg Markus, dabei, als sich der Exhäftling bedankte: Für jeden anderen, so Schubirsch, "wäre die Geschichte mit der Verhaftung zu Ende gewesen. Nicht aber für Sie, Herr Holaubek. Wer macht das schon, dass er einen Verbrecher im Häf’n besucht, Kaffee bringt und a Geld schenkt. Die Briefe, die Sie mir damals schrieben, waren die größte moralische Hilfe."

In Markus’ Buch "Unter uns gesagt" (Amalthea 2008) ist beschrieben, wie der Ex-Häftling einen Tresor in die Wohnungswand des Autors einmauerte: "I stell nie wieder was an", sagte Schubirsch, holte ein Foto aus der Tasche und sagte zu Markus: "Des is mei Tochter. I könnt kan Tag leben ohne sie. Des is der Grund, warum i nie wieder in Häf’n geh."

Am 21. März 2021 ist Walter Schubirsch im 72. Lebensjahr nach schwerer Krankheit verstorben. Die Familie, der "seine liebevolle Sorge galt", begleitete ihn.


„I bin’s, der Präsident“

Es war 1971, als Wiens Polizeipräsident "Joschi" Holaubek auf seine sehr persönliche Weise eine Geiselnahme löste, die das Land erschütterte. Dieser Tage jährt sich am 10. Februar auch der Todestag des 1999 im 92. Lebensjahr verstorbenen, populärsten aller Wiener Polizeipräsidenten.

Zu seinem legendärsten Ausspruch kam es am 4. November 1971, als er im Alleingang einen Geiselnehmer zur Aufgabe überreden und festnehmen konnte. Drei Häftlinge der Strafanstalt Stein hatten einige Tage davor Justizwachebeamte überwältigt, sich ihrer Waffen bemächtigt und waren ausgebrochen. Die spektakuläre Flucht hielt ganz Österreich in Atem. Zwei Ausbrecher verschanzten sich mit vier Geiseln in einer Wohnung in Wien-Donaustadt. Einer gab bald auf. Der Zweite brauchte präsidentiellen Zuspruch. Zum Entsetzen seiner Beamten ging Holaubek allein, in Zivil und unbewaffnet vor die Tür und sprach den legendären Satz: "I bin ’s, der Präsident." Und dann: "Ich moch doch kane Schmäh. Schau nach, schau durch des Guckerl." Worauf der vollkommen verblüffte Delinquent bedingungslos kapitulierte.

Über den Ausspruch ist noch eine zweite Version überliefert: "I bin ’s DEIN Präsident." Mangels heute feststellbarer Ohrenzeugen wollen wir an dieser Stelle aber an der ersten Version festhalten. Denn "dein Präsident" erschiene nicht sinnvoll. Vor allem bekräftigte der betagte Holaubek noch vor seinem Tod in einem Fernsehinterview die erste Darstellung.

"Der Präsident", ein herzensguter Mensch, hat sich jedenfalls auch noch nach dessen Haftentlassung um den früheren "Ausbrecherkönig" gekümmert. Er besorgte ihm einen Job, gab ihm Geld aus der Privattasche und traf ihn wiederholt zum Plausch im Kaffeehaus. Die persönliche Resozialisierungsarbeit war von Erfolg gekrönt: Der "Ausbrecherkönig" wurde nie wieder rückfällig. Das Häftlingsschicksal war Holaubek geläufig. Als Sozialdemokrat saß er selbst während des austrofaschistischen Ständestaats mehrmals im "Häf’n". Später sollte er "Kinderfreunde" und "Rote Falken" wiederbeleben helfen.

Holaubek war 1947 in das Amt des Wiener Polizeipräsidenten gehoben worden. Er übte es mit Stolz und Begeisterung bis 1972 aus. Gleich nach dem Weltkrieg hatte er seit 1945 die Wiener Feuerwehr aufgebaut. Dem Weltverband der Feuerwehr (CTIF) stand er auch noch als oberster Polizist zeit seines Berufslebens vor. Als Polizeichef trat er öffentlich nie in Uniform auf. Mit seiner Leutseligkeit erlangte er schon in der Besatzungszeit rasch Popularität. Holaubek kümmerte sich um Anliegen von Passanten auf der Straße und hob im Büro oft selbst das Telefon ab. Journalisten begegnete er kollegial-väterlich. Das reichte vom Heimbringen in brenzligen Situationen bis zum unangeforderten Schutz, weil er sich um jemand sorgte. Manch heikle Angelegenheit mit den Besatzern regelt er recht jovial.

Bei der Unterzeichnung des Staatsvertrages leitete er mit Umsicht alle Sicherheitsmaßnahmen. Bei wichtigen Staatsbesuchen, wie dem Gipfeltreffen von US-Präsident John F. Kennedy und Sowjet-Chef Nikita Chruschtschow in Wien im Juni 1961, rettete er einen Staatsakt vor dem Platzen. So eskortierte er persönlich Stilikone Jacky Kennedy nach Frisurproblemen mit Blaulicht zum Staatsempfang nach Schönbrunn, wo alle auf die "Gnädige" längst und schon sehr ungnädig warteten. Seinen VW-Käfer mit dem Kennzeichen W 100.000 kannte jeder Wiener und machte auch ohne Einsatzsignale respektvoll Platz.

Mit Fernsehleuten trug "Joschi" einmal persönlich Kabelrollen in eine Ost-Botschaft, um eine Übertragung zu sichern. 1972 trat er ab. Niemand von der Exekutive erreichte in der Stadt seither jemals seine Beliebtheit. Er blieb für die Wiener "Der Präsident". Heute ist der Platz vor dem Verkehrsamt nach ihm benannt.


Texte mit freundlicher Erlaubnis von Paul Vécsei, Wiener Zeitung


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